13.03.2024
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Patrick Franziska zieht mit zweitem Triumph über den G.O.A.T. Ma Long in deutsches Achtelfinale gegen Dima Ovtcharov ein

Singapur. Patrick Franziska hat beim mit 1,5 Millionen US-Dollar dotierten WTT Singapore Smash (7. bis 17. März) für den bislang spektakulärsten Favoritensturz gesorgt. Der Saarbrücker bezwang mit einer überragenden Leistung zum zweiten Mal in seiner Karriere Chinas Olympiasieger Ma Long und trifft nun am Donnerstag im Achtelfinale auf Dimitrij Ovtcharov. Dritter Deutscher im Durchgang der besten 16 ist Rekordeuropameister Timo Boll. Am Mittwoch stehen nur zwei deutsche Spiele auf dem Tagesprogramm, das heute auch fünf Niederlagen brachte. Als vierter Deutscher kann Europameister Dang Qiu am um 13.10 Uhr mitteleuropäischer Zeit im Duell mit dem Japaner Maharu Yoshimura in das Achtelfinale einziehen. Im Doppel spielen die WM-Dritten Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov gegen die Belgier Martin Allegro/Adrien Rassenfosse um den Vorstoß in die Runde der besten Acht.

Patrick Franziska bezwingt zum zweiten Mal Olympiasieger Ma Long

Im letzten Einzel des dritten Grand-Smash-Tages gelang Patrick Franziska wie vor zwei Jahren beim WTT Champions in Budapest das Kunststück, vollkommen überraschend Chinas Superstar Ma Long aus dem Titelrennen zu befördern. Der Saarbrücker setzte sich dank einer beeindruckenden Leistung gegen den G.O.A.T., den Greatest of all Times, in fünf Sätzen durch. Bemerkenswert neben dem Favoritensturz an sich war die Tatsache, dass der dreimalige Weltmeister und zweimalige Olympiasieger am Ende des spektakulären Duells ob der aggressiven und fast fehlerlosen Rückschläge des Deutschen in den letzten eineinhalb Sätzen mehrfach für ihn absolut ungewöhnliche Aufschlagvarianten versuchte, um den Europe-Top-16-Gewinner von 2021 noch vom Siegkurs abzubringen. Allein, die Antworten Franziskas auf die ihm durch Ma Long gestellten Aufgaben waren heute zu gut, um noch eine Änderung des Resultats zugunsten des Chinesen herbeizuführen. Die Wende in einem von Beginn an hochklassigen Spiel läuteten Franziska und Herren-Bundestrainer Jörg nach einem 1:2-Satzrückstand beim Stand von 2:5 im vierten Satz mit einer Auszeit ein. Nach dem Time Out produzierte Franziska kaum noch Fehler und setzte sich am Ende mit 6:11, 11:9, 4:11, 12:10 und 11:5 gegen den Weltranglistendritten durch.

Patrick Franziska sagte nach seinem zweiten Coup gegen Ma Long: "Ich bin fast sprachlos über meinen erneuten Erfolg gegen den besten Spieler aller Zeiten. Zu Beginn des Spiels war er unglaublich gut auf mich eingestellt, da dachte ich: Oha, das kann heute auch schnell gehen. Ich bin jedoch fokussiert geblieben, habe einfach immer weiter gemacht und an den Sieg geglaubt. Nach der Auszeit habe ich dann einige gute Bälle mit der Vorhand getroffen, anschließend lief es auch mit der Rückhand wieder super. Ma Long hat am Ende viel mit seinen Aufschlägen probiert. Ich habe mir dann jeweils vorgenommen, direkt auf sein jeweils neues Service etwas zu riskieren, damit er nicht die zweite Luft bekommt." 

Im Achtelfinale kommt es nun am Donnerstag zu einem deutschen Duell mit seinem Doppelpartner Dimitrij Ovtcharov. Die WM-Dritten von Durban treten zuvor am Mittwoch noch im Achtelfinale Seite an Seite gegen die Belgier Martin Allegro/Adrien Rassenfosse an. Patrick Franziska macht sich über das Aufeinandertreffen der beiden Kumpel im Einzel keine größeren Gedanken: "Vor einem Jahr hatten wir beim Grand Smash an gleicher Stelle beide in der ersten Runde verloren und sind am Abend zusammen ausgegangen. Jetzt spielen wir gegeneinander um den Einzug in das Viertelfinale, das ist doch super. Schauen wir einfach, wer am Ende die Nase vorne hat."

Timo Boll trifft im Achtelfinale auf Fan-Zhendong-Bezwinger Lin

Nachdem der Tag zunächst mit vier Niederlagen in Folge für die DTTB-Vertreter begonnen hatte, durchbrach der Düsseldorfer Timo Boll als erster des deutschen Herren-Trios mit einem 3:1-Erfolg über seinen schwedischen Vereinskollegen Anton Källberg die Negativserie. Der Rekordeuropameister setzte sich in dem Duell der Borussen mit 11:7, 11:9, 7:11 und 11:9 gegen den Skandinavier durch. Nach einer 2:0-Satzführung wurde es noch einmal eng, als Källberg nach einer Auszeit im dritten Satz besser ins Spiel fand, den Anschluss schaffte und im vierten Durchgang bei 5:0 auf Ausgleichkurs schien. Doch der ehemalige Weltranglistenerste hatte seinen Teamkollegen bei 6:6 bereits wieder eingeholt und machte anschließend einen 6:9-Rückstand durch fünf Punkte in Folge wett.

Timo Boll zeigte sich nach der deutlichen Steigerung gegenüber dem gestrigen Auftaktmatch gegen den Singapur-Chinesen Clarence Chew heute mit seiner Leistung zufrieden: "Das war kein Vergleich zu gestern. Heute habe ich sehr konzentriert gespielt. Es ist natürlich nie einfach, gegen einen Mannschaftskameraden zu spielen. Aber als Profis können wir gut damit umgehen." Der Weltranglisten-43., der im Februar seine gute Form mit seinem ersten WTT-Titelgewinn beim WTT Contender Doha unter Beweis gestellt hatte, steht im Achtelfinale am Donnerstag erstmals dem 18 Jahre alten U19-Weltmeister Lin Shidong gegenüber. Der 18-Jährige setzte sich in einem chinesischen Duell mit 3:1 gegen Weltmeister Fan Zhendong durch. Boll scherzte vor dem Achtelfinale gegen seinen 25 Jahre jüngeren Kontrahenten: "Schade, ich hätte gerne nochmal gegen Fan Zhendong gespielt, denn ich wollte gegen ihn doch gerne noch einmal meinen ersten Sieg holen, bevor irgendwann einmal die Karriere vorbei ist. Aber Spaß beiseite: "Es ist auch schön, gegen die neue junge Generation zu spielen. Ich bin auf mein erstes Duell mit Lin gespannt. Er scheint ja gut drauf zu sein."

Dimitrij Ovtcharov mit verspielter Führung, aber starkem Endspurt 

Auch Dimitrij Ovtcharov erreichte die Runde der besten 16, in der der Neu-Ulmer nun am Donnerstag in einem nationalmannschaftsinternen Duell gegen Ma-Long-Bezwinger Patrick Franziska um den Einzug in das Viertelfinale spielt. Der olympische Rekordmedaillengewinner hatte heute gegen den für Grenzau in der TTBL spielenden Taiwanesen Feng Yi-Hsin ein hartes Stück Arbeit zu verrichten, ehe der verdiente Sieg endgültig unter Dach und Fach war. Der Weltranglisten-15. machte sich das Leben nach starkem Beginn und ungefährdeter 2:0-Führung durch ausgelassene Matchbälle in den Durchgängen drei und vier schwerer als nötig. In Satz fünf ließ der World-Cup-Sieger des Jahres 2017 jedoch mit 11:7 nichts anbrennen. Ovtcharov resümierte unmittelbar nach dem Match: "Ich habe sehr stark begonnen und gut gespielt. Er hatte eigentlich nichts entgegenzusetzen, bis er bei meiner 5:1-Führung im dritten Satz einige Risikobälle getroffen und ein paar 'Nasse' (Anm.d.R.: gemeint sind damit im Spielerjargon Netz- und Kantenbälle) gemacht hat. Da sich das Momentum gedreht undplötzlich kam er fast an jeden Ball. Ich bin happy, dass ich mich im fünften Satz in der Schwüle der Halle noch einmal zusammengerissen habe und jetzt im Achtelfinale stehe."

Drei Einzelniederlagen zum Tagesauftakt

Der erste Tagesabschnitt hatte für die Deutschen mit drei Einzelniederlagen begonnen. Nachdem die Weltranglisten-16. Nina Mittelham (Berlin) schon am Sonntag im Auftakteinzel überraschend der Portugiesin Jieni Shao unterlegen war, schieden heute in der zweiten Runde auch die EM-Dritten Sabine Winter und Xiaona Shan aus. Damit findet das Achtelfinale im Damen-Einzel beim ersten Grand Smash des Jahres 2024 ohne deutsche Beteiligung ausgetragen. Bei den Herren ist für Benedikt Duda das Turnier beendet.

Benedikt Duda: "Grundsicherheit meines Gegners war zu hoch"

Mit einem Feuerwerk an punktbringenden Schlägen begann Benedikt Duda das Duell gegen Liang Jingkun, vermochte seine 6:2-Führung im ersten Durchgang gegen die Nummer fünf der Welt aber nicht zu nutzen. In der Folge gewann der Chinese, wie stets mit unterschiedlich farbigem Schuhwerk in blau und rot ausgestattet, immer mehr an Sicherheit und brachte sowohl von der Vorhand- als auch von der Rückhandseite die besten Bälle des Bergneustädters wie eine Gummiwand aus Topspinschlägen zurück. Am Ende zog der Halbfinalist der letzten drei Einzel-Weltmeisterschaften als verdienter Sieger in das Achtelfinale ein. Benedikt Duda erkannte die Überlegenheit seines Gegners an: "Ich hätte natürlich gerne noch etwas weiter gespielt bei diesem Turnier. Ab dem zweiten Satz war aber einfach seine Grundsicherheit zu hoch. Egal, was ich gespielt habe, er hat kaum noch Fehler gemacht und meiner Meinung nach auf seinem Topniveau gespielt. Schade, dass ich den ersten Satz nicht gewonnen habe, als er noch den einen oder anderen Fehler gemacht hat und das Spiel etwas abgehackt war."

Sabine Winter: "Insgesamt vernünftig gespielt"

Sabine Winter musste in der zweiten Runde des Grand Smash die Überlegenheit der Südkoreanerin Joo Cheonhui anerkennen. Der wenig fehleranfälligen Weltranglisten-14. gelang es mit ihren sicheren Platzierungen geschickt, die stärkste Waffe der Dachauerin, den Vorhandtopspin, weitgehend auszuschalten. Die Deutsche Meisterin, in der Welt aktuell die Nummer 51, sagte nach dem 2:11, 11:7, 6:11 und 5:11: "Meine Gegnerin heute war die klare Favoritin, aber im Tischtennis weiß man ja bekanntlich nie. Ich habe insgesamt sehr vernünftig gespielt, mir in den Ballwechseln auch einige Chancen für die Vorhand erarbeitet, die ich dann aber leider immer wieder liegengelassen habe. Um das Ganze noch einmal knapper zu gestalten, müssen eine stabile Rückhand im Ballwechsel und meine Vorhandwaffe gemeinsam funktionieren. Heute haben sich aber leider ein paar Fehler mit der Vorhand eingeschlichen. Aber es waren auch gute Sachen dabei, auf die ich aufbauen werde. An den anderen Dingen werde ich in den nächsten Wochen im Training arbeiten."

Xiaona Shans Mini-Chance vom Winde verweht

Als in Deutschland noch die Lichter der Nacht verblassten, musste Xiaona Shan als erste DTTB-Vertreterin gegen Wang Manyu an den Tisch. In einem Schlagabtausch mit vielen schnellen Ballwechseln stand die Berlinerin gegen die Weltmeisterin des Jahres 2021 trotz einer insgesamt guten Leistung nicht unerwartet auf verlorenem Posten. Beim 5:11, 3:11, 11:5 und 9:11 gegen die Nummer vier der Welt vermochte die EM-Dritte von München die Chinesin erst ab dem dritten Satz weitgehend auf Augenhöhe unter Druck zu setzen. Xiaona Shan sagt nach der Zweitrunden-Niederlage: "In den beiden ersten Durchgängen habe ich viel zu vorsichtig gespielt, da hatte ich noch die klare Niederlage gegen sie beim Mixed-Team-World-Cup im Kopf. Ab dem dritten Satz habe ich dann freier aufgespielt, hatte auch etwas Glück bei einigen Bällen. Schade, dass mir am Ende die Klimaanlage bei 9:10 im vierten Satz meinen hochgeworfenen Aufschlag etwas verweht hat. Ich hoffe, dass ich nun nach dem Singapore Smash in den nächsten Wochen wieder besser spiele als in den letzten Wochen."


DTTB-Duos Qiu/Mittelham und Winter/Shan ohne Satzgewinn

Zum Beginn der zweiten Tagessession kassierte am Nachmittag das Mixed Dang Qiu/Nina Mittelham gegen Robert Gardos/Sofia Polcanova im Achtelfinale eine 0:3-Niederlage. Im dritten Durchgang ließen die Europameister des Jahres 2021 gegen die druckvoll und hoch motiviert aufspielenden Österreicher einen Satzball zum 1:2-Anschluss aus. Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf hatte eine einfache Erklärung für die Niederlage parat: "Gardos und Polcanova haben heute ein sehr starkes Mixed gespielt und ungemein viel Druck gemacht. Unser Mixed hat zudem heute nicht seine beste Leistung abgerufen. Wir haben zwar noch viel Arbeit in Richtung Olympische Spiele, aber auch noch die nötige Zeit, um bis Paris an den richtigen Stellschrauben zu drehen."

Nach ihrem vorangegangenen Aus im Einzel haben Sabine Winter und Xiaona Shan auch gemeinsam im Doppel den Einzug in das Achtelfinale verpasst. Das Duo unterlag den Taiwanesinnen Suthasini Sawettabut/Orawan Paranang in drei Sätzen.

Redaktion: Manfred Schillings, TTBL Sport GmbH
Foto: WTT

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